Förderschwerpunkte

Förderschwerpunkt des  Erzähltisches ist der handelnde Spracherwerb. Kinder erwerben am Erzähltisch ihr Sprachverständnis, ihr Ausdrucksvermögen und ihren Wortschatz nicht nur hörend, sondern auch durch gemeinsames, gegenständliches Handeln. Wortbedeutungen erschließen sich im Spiel. Wörter und Wortbedeutungen werden automatisiert und können von daraus aktiv im Spiel gebraucht werden.
Zwischen den Kindern untereinander entwickelt sich eine intensive Kommunikation, sowohl im sprachlichen als auch im kognitiven Bereich. Die Kinder lernen sich an einen Gesprächspartner zu richten, auf dessen Reaktionen zu achten und darauf zu reagieren. Die Motivation in Interaktion zu treten ist bei den Kindern zunächst affektiv betont, erhält im Laufe der Entwicklung jedoch eine zunehmend kognitive Qualität.
In der Qualitätsdiskussion in Tageseinrichtungen für Kinder wird seit einiger Zeit verstärkt die Qualität der Erzieherin-Kind-Interaktion in den Vordergrund gestellt.
Als effektive pädagogische Strategie zur Förderung der sprachlichen und kognitiven Entwicklung der Kinder erweist sich dabei das langandauernde gemeinsame Denken in der verbalen Interaktion zwischen Erzieherin und Kind oder in der sgn. „Peer-Interaktion“ (Interaktion zwischen den Kindern untereinander). Diese Interaktionsprozesse setzten ein Mindestmass an gemeinsamer Sprache voraus, die auf gleicher Wertigkeit der Äusserungen beruht und durch wechselseitigem Bezug gekennzeichnet wird. Sie finden sich z.B. wenn Kinder versuchen gemeinsam ein Problem zu lösen, in Rollenspiele und bei der Klärung und Absprache gemeinsamer Aktivitäten wieder. Eine günstige Lernumgebung zeigt sich nach Siraj-Blatchford und Sylva (2004) dadurch aus, dass eine Balance zwischen strukturierten Spielphasen und Freispiel im Kindergartenalltag geschaffen wird. Erzieherinnen haben dabei die Aufgabe, den Alltag so zu planen und zu gestalten, das Situationen des gemeinsamen Denkens ermöglicht werden und somit ein Gleichgewicht zwischen kindinitiierter und erwachsenen initiierter Interaktion hergestellt wird.

Phantasie-Entwicklung
Der Erzähltisch stimuliert die Phantasie-Entwicklung und das entstehen des Rollenspiels. Kinder werden stimuliert eine Rolle zu wählen, Rollen untereinander zu verteilen, sich in Personagen hinein zu versetzen und gleichzeitig ihre Emotionen zu zeigen.   Das Rollenspiel stellt nach Christie (1990) einen Kontext dar, der Kindern dabei hilft, „wichtige Konzepte über die Struktur und die Funktionen von Sprache“ entwickeln zu können. In Verbindung mit dem bedeutsamen Mitwirken anderer Kinder greift diese Spielform in den sich ständig weiterentwickelnden Prozess der Lese- und Schreibfähigkeit ein. Nach Einsiedler (1999)  wird durch Phantasie- und Rollenspiele der Erwerb von Vorstellungen und symbolischen Repräsentationen unterstützt. Diese Fähigkeiten sind auch für die Entwicklung der Schriftsprache bedeutsam.

Dialog-orientiertes Vorlesen
Der Erzähltisch erfüllt eine wichtige Rolle beim Dialog-Orientierten-Vorlesen. Mit den Gegenständen vom Erzähltisch kann die Erzieherin bevor sie den Kindern ein Bilderbuch vorliest, Wortbedeutungen erklären, sodass die Kinder beim Vorlesen über Vorkenntnisse verfügen, die dabei helfen den Inhalt der Geschichte besser zu verstehen. Die Erzieherin kann währendessen sie eine Geschichte vorliest, Handlungen aus der Geschichte darstellen und vorspielen. Der Inhalt wird visualisiert und die Kinder werden dabei geholfen,  sich den Ablauf der Geschichte zu merken. Wenn die Geschichte mehrmals vorgelesen wurde und die Kinder die Geschichte gut kennen, können sie selber am Erzähltisch die Geschichte nachspielen. Erstmals währenddessen die Erzieherin vorliest, danach selbständig, in Kleingruppen. Naturlich dürfen die Kinder auch “nur” am Erzähltisch spielen und können so neue Wörter aktiv handelnd, spielerisch geübt und gefestigt werden. Kinder werden stimuliert eine Rolle zu wählen, Rollen untereinander zu verteilen, sich in Personagen hinein zu versetzen und gleichzeitig ihre Emotionen zu zeigen.                                                     
Die Erzieherin kann in diesen Spielsituationen die Kinder beobachten und so kontrollieren, ob die von ihr geplante Kernwörter im Spontansprachgebrauch vorhanden sind und somit ihr Sprachförderziel erreicht wurde.                                                                    

Neue Wörter lernen
Der Erzähltisch bietet Kinder die Möglichkeit, neue Wörter aktiv zu lernen, Wortkenntnisse zu erweitern und Wortbedeutungen zu vertiefen und somit ihren passiven und aktiven Wortschatz zu erweitern. Erst dann, wenn Kinder ein Wort in vielen unterschiedlichen Kontexten angeboten bekommen und herausgefordert werden diese zu gebrauchen, geben wir Kinder optimal Gelegenheit,  ihre Wortkenntnisse zu speichern,  zu vertiefen und lernen sie immer mehr Bedeutungsaspekten eines Wortes. (McKeown & Beck,1988). Es ist nicht möglich, den Kindern in ihrer Kindergartenzeit alle Wörter an zu bieten. Kinder haben einen natürlichen „Hunger“, um neue Wörter zu lernen, neue Dinge zu begreifen und zu benennen.  So erweitern sie aktiv ihren Wortschatz. Dabei verwenden sie unterschiedlichen Strategien. So ist bekannt, dass Kinder beim Vorlesen eines Bilderbuches, die Bedeutung von einem neuen Wort selbständig entschliessen anhand der Illustrationen und der Mimik der Erzieherin. Eine andere Strategie um sich Wörter zu merken, ist das laute Wiederholen eines Wortes. Untersuchungen haben ausserdem gezeigt, dass die  Lernfähigkeit der Kinder, nicht schnell eine Grenze erreicht; umso mehr Wörter angeboten werden, umso mehr Wörter werden von den Kindern gespeicht.                                                                                                               Wortschatzförderung ist nur möglich, wenn eine Atmosphäre geschaffen wird, in der Kinder Wertschätzung erfahren und in der sie angstfrei und unbeschwert sprechen, zuhören und ihre Sprache weiterentwickeln können- im Kontakt mit anderen Kindern und im Kontakt mit Erwachsenen. Dazu gehören auch non-verbale Aspekte von Kommunikation (Augenkontakt, Mimik, Gestik,Körperhaltung, Stimmlage, Ton , Satzmelodie), wobei nicht nur die non-verbalen Signale und Ausdrucksformen der Kindern, sondern auch die eigene Körpersprache der Erzieherin differenziert wahrzunehmen und zu reflektieren sind.   Sprachvorbild für Kinder zu sein bedeutet also für Erzieherinnen, dass Sie Ihr eigenes Sprachangebot sehr gut beobachten sollten, Sie sich Einsicht erarbeiten sollten in die Art und Weise wie man Gespräche mit Kindern führen sollte, wie man den Wortschatz der Kinder fördern kann und wie man Gelegenheiten spontan ergreifen kann und bewusst planen kann z.B. über Bilderbüchern. Neue Wörter dürfen nicht nur zufällig “vorbeikommen” im Kindergartenalltag. Gute Wortschatzförderung bedarf ein strukturiertes vorgehen         
Um den Wortschatz der Kinder erweitern zu können ist es also notwendig,  dass die Interaktion zwischen Erzieherinnen und Kinder und zwischen den Kindern untereinander  intensiviert wird. Nur dann  wird der Gedankenaustausch am Erzähltisch  zur wichtigtsten Inspiration für Kinder und Erzieherinnen. Das Gespäch rundum der Bilderbuchgeschichte wird unmittelbar eine wichtige Routine der Wortschatzförderung und zwar für alle Altersgruppen.                             
Zweitspracherwerb
Auch kann der Erzähltisch helfen beim Wortschatzaufbau im Falle des Zweitspracherwerbs.Um eine zweite Sprache erwerben zu können bracht man eine Grundlage. Neue Wörter lernt man durch neue Erfahrungen mit bereits bekannter, vorhandener Information zu verknüpfen. Wörter sind keine einzelne Elemente im Sprachsystem, sondern u.a. Bestandteil eines so genannten semantischen Feldes.
Migrantenkinder fehlt oft diese Grundlage, demzufolge empfinden sie mehr Probleme in der Produktion und beim Begreifen von neuen Wörtern. In einer bundesweiten repräsentativen Anwendung des Beobachtungsbogens SISMIK  (Staatsinstitut für Frühpädagogik in München)  zeigte sich, dass Migrantenkinder bedeutend weniger engagiert als deutsche Kinder im Rollenspiel, in Gruppengesprächen, beim Vorlesen, Erzählen und in der Bilderbuchbetrachtung sind. Tätigkeiten die durch eine umfassende Literacy-Erziehung verbessert werden könnten
Der Erzahltisch bietet diese Kinder u.a. die Möglichkeit eine Geschichte mehrmals nachzuspielen, wodurch neue Wörter einfacher ins Langzeitgedächtnis abgespeichert und verstanden werden können. Damit hat das Kind neue Wortbedeutungen zur Verfügung an dessen es wieder andere Wörter koppeln kann.
Etablierung eines gemeinsamen Vorstellungsraumes
Gemeinsames Spielen und Erzählen setzt gemeinsame Erfahrungen voraus. Gemeinsame Erfahrungen lassen sich im Kindergartenalltag u.a. kreieren durch das Vorlesen von Bilderbüchern. Zum Vorlesen empfehlt sich das dialog-orientierte Vorlesen. Unter dialog- orientiertes  Vorlesen versteht man eine bestimmte Art der dialog-orientierten  Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem oder mehreren Kindern rundum ein Bilderbuch. Ziel des dialogischen Vorlesens ist die Steigerung und Verbesserung der Sprechmotivation  und Sprachfähigkeiten des Kindes. Die neuen Erfahrungen im Umgang mit Bilderbüchern und Sprache und der gemeinsame Spass stehen dabei im Vordergrund.                                                                                     
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass der Erzähltisch  einen wertvollen Übergang zwischen Spiel – und Sprach-Lernaktivitäten im Kindergartenalltag darstellt. Visuelle und verbale Information wird auf eine intensive Art und Weise miteinander verknüpft und integriert. Auch schüchterne oder sprachverzögerte Kinder werden zum Mitmachen eingeladen. Am Erzähltisch werden Interaktionsprozesse intensiviert und die Phantasieentwicklung stimuliert,  neue Wörter erworben, Wortbedeutungen vertieft und Textverständnis geübt. Ausserdem bietet der Erzähltisch Anlass für zahlreiche kontexbezogene Bastelangebote, geplante und ungeplante Gespräche und beginnende Lese- und Schreibaktivitäten.



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