Entwicklung der Erzählkompetenz

Erzählen ist mehr als erzählen.
Geschichten haben etwas magisches.... 
Ehlich (1980) definiert das mündliche Erzählen als  " die Herstellung einer gemeinsamen Welt" . Mit dieser Formulierung verweist er darauf, dass der Prozess des  Erzählens sich zwischen Erzähler und Zuhörer vollzieht.  Beide sind beteiligt an der Entwicklung einer eigenen vorgestellten Welt. Der Erzähler, die Zuhörer und die Erzählung wirken auf den Prozess des Erzählens ein und erfüllen alle drei eine ganz eigene Rolle.
Der Begriff  "erzählen" wird in unserer Alltagssprache häufig verwendet, meist im Sinne von "miteinander sprechen" oder "von einem Erlebnis berichten". Es gibt das mündliche und schriftliche Erzählen. Beim Erzähltisch geht es sowohl um das schriftliche Erzählen und das Vorlesen, als auch um die Kompetenz des mündlichen Erzählens. 
Da das Sprachverständnis der Sprachproduktion vorausgeht, ist anzunehmen, dass bereits Kinder im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren einfachen Erzählungen folgen können.
Johannes Merkel, der im Jahr 2000 ein grundlegendes Forschungswerk über das Erzählen publiziert hat, bezieht sich bei der Darstellung der ersten Erzählformen auf Kinder ab eineinhalb Jahren. Seine Basis bilden Einzelfallstudien. Erzeigt dabei, wie das Erzählen in einer ersten Form in inneren Vorstellungen, Einschlafmonologen, assoziativen Formen und in der Vermischung von Fiktion und Realität auch bei kleinen Kindern bereits eine Rolle spielt. 

Was ist Erzählen?
Erzählen ist eine Form der Sprachverwendung, die-je nach Interaktionskontext- sehr unterschiedlich aufgebaut sein kann.
Damit eine Geschichte entsteht, muss eine Reihe von zusammenhängenden Ereignissen als eine zusammenhängender Abfolge organisiert und sprachlich ausgedruckt werden. Bereits Dreijährige können ansatzweise Geschichten erzählen. (Szagun 2006) Sie verfügen also schon über ein nach bestimmten Regeln ablaufendes „Muster“, mit dessen Hilfe sie sich mit einem Gesprächspartner abstimmen können.(Painter 1999).
Erzählen ist eine Diskursform. Sie dient kommunikativen Zwecken.Teilnehmer eines Gesprächs wechseln sich in der Sprecher- und Zuhörerrolle ab. Beim Erzählen jedoch haben der Erzähler die primäre Sprecherrolle und der Zuhörer die primäre Zuhörerrolle.
Eine wichtige Vorraussetzung für mündliches Erzählen ist die sgn. „Theory of Mind“: Das Kind muss verstehen, dass der Zuhörer nicht den gleichen Wissensstand hat wie er selbst.
Nach Ehlich (2005) kommt dem Erzählen besondere Bedeutung zu.
Erzählen zielt auf das „Herstellen einer gemeinsamen Welt“ zwischen Erzähler und Zuhörer ab. Der Erzähler re-inszeniert für den Zuhörer einen bestimmten Geschehensablauf. Dabei bedient sich der Erzähler bestimmter sprachlicher Mittel, um die Aufmerksamkeit des Zuhörers zu binden (Dramatisierung) und seine persönliche Einstellung zum Ereignisverlauf zu machen (Evaluierung).



Erzählkompetenz- Entwicklungsstufen des Erzählens

Sobald Kinder geistig so weit entwickelt sind, dass sie über etwas sprechen können, das nicht gegenwärtig ist, fangen sie an zu erzählen. Laut der Interaktiven Theorie von Hausendorf und Quasthoff (1996) vollzieht sich die Entwicklung der Erzählfähigkeit in sozialen Interaktionen. Sie stellt eine gemeinsame Leistung von Erzähler und Zuhörer dar. Es wird ein bestimmtes Ereignis aus dem Alltag ausgewählt und somit als erzählwürdig herausgestellt: d.h. dieses Ereignis beinhaltet etwas Besonderes, was es von anderen gewöhnlichen Abläufen unterscheidet. Diese Aufgabe kann sowohl von dem künftigen Erzähler als auch von dem Zuhörer übernommen werden. Wer die Rolle des Erzählers bzw. Des Zuhörer übernimmt, steht hier also noch nicht fest.
Sobald der Zuhörer sein Interesse bekundet, fordert er damit den Erzähler auf, die folgende Erzählaufgabe zu übernehmen. Der Erzähler ist damit „verpflichtet, den Verlauf des Ereignisses darzustellen. Dabei muss er das Vorwissen des Zuhörers möglichst gut vorwegnehmen, damit er genau die Informationen liefert, die für das Verständnis des Ereignisses wichtig sind. Wenn ihm dies gelingt, muss sich der Zuhörer durch Nachfragen an der Erledigung dieser Erzählaufgabe beteiligen. Mit dem Beenden der Erzählung wird das eben beschriebene Ereignis abgeschlossen. Dabei kann die Bewertung sowohl von dem Zuhörer als auch von dem Erzähler vorgenommen werden.  Die sprachlichen Möglichkeiten, wie die Erzählaufgaben konkret sprachlich realisiert werden können , sind vielfältig. Zum Beispiel leitet der Hörer das Ganze durch eine interessierte Frage ein. Daraufhin kündigt der Erzähler sein Vorhaben an. Am Schluss fasst der Zuhörer das Gehörte zusammen oder bestätigt seine Übereinstimmung mit der Sicht des Erzählers.Wenn Gesprächspartner aufeinandertreffen, von denen mindestens einer diese Regeln kennt und beherscht, können sie jederzeit in die Rolle von Erzähler und Zuhörer schlüpfen. Wenn man Erzählen als ein nach bestimmten Regeln ablaufendes „Muster“versteht, mit dessen Hilfe es den Gesprächspartnern gelingt, ihre Sprachhandlungen aufeinander abzustimmen, stellt sich die Frage, wie Kinder im Laufe ihrer Sprachentwicklung diese meist unausgesprochenen Regeln zu erfassen in der Lage sind und anzuwenden lernen. Hier verweisen die Hausendorf und Quasthoff (1996)  auf entwicklungsfördernde und fordernde Verhaltensweisen der Erwachsenen. Diese wenden verschiedene Verfahrensweisen an, um die Erzählung voranzutreiben. Dabei geht es Ihnen einmal darum, das Gespräch in Gang zu halten, zum anderen ist Ihnen wichtig, dass die Kinder ihren Anteil bei der Erzählung erfüllen können.

Rollenspiel
Rollenspiel bedeutet eine spielerische Auseinandersetzung mit Lebenssituationen. Indem man verschiedene Perspektiven einnimmt, werden Hintergründe und Motive sichtbar, alternative Handlungsmöglichkeiten werden aufgezeigt.
Die Erzeugung von Fiktion ist zentral für das Rollenspiel. Es handelt sich um eine kooperative Spielform; Die Kinder agieren in ihren Rollen und entfalten gemeinsam die Handlung. Der Erzähltisch bietet  Erzieherinnen eine von der Erzieherin initiierte Spielform um den Kindern einen Einstieg in die Vorformen des Rollenspiels und das Nacherzählen einer Geschichte zu ermöglichen.
Die Fähigkeit des Rollenspiels entsteht ungefähr im Laufe des vierten Lebensjahrs. Es stellt eine spezifische Form des Symbol- oder Fiktionsspiel dar, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Kinder Rollen übernehmen- wie Mutter und Kind, Verkäuferin, Lehrer, Ärztin, aber auch  als Tiere und fiktive Wesen.                                    
Die Vorform des Rollenspiels bilden solche Spiele, bei denen die Kinder teilweise fiktiv handeln, aber weder Rollen Übernehmen noch Gegenstände im Spiel umdeuten. Ein weiteres Kennzeichen von Vorformen des Rollenspiels ist, dass die Kinder nicht miteinander kooperieren, sondern eher für sich allein auf Gegenstände zentriert spielen (Oerter 1996). Im sogennanten Parallelspiel beobachten und imitieren die Kinder sich gegenseitig. Ein Kind spielt in der Nähe eines anderen Kindes und ist sich dessen Anwesentheit auch bewusst. Beide Kinder spielen mit dem gleichen Material im gleichen Thema. Es findet jedoch keine Interaktion zwischen den Kindern untereinander statt (nicht mit dem Material, nicht in den Handlungen) . Zu Beginn der Rollenspielentwicklung ist das Hantieren mit Gegenstände von zentraler Bedeutung für die Kinder. Sie benötigen Gegenstände –thematisches Spielzeug- als Unterstützung für die Erzeugung fiktiver Bedeutungen. Aber anders als in der früheren Phase handeln sie damit nicht mehr einzeln und auf sich bezogen, sondern binden sie in gemeinsames handeln ein. Zwischen vier und sechs Jahren verändern sich die Rollenspiele; die Kinder werden unabhängiger vom Hantieren mit Gegenständen, die Handlungen werden komplexer  (Andresen 2002) und das Verhältnis zwischen dem Handeln innerhalb und ausserhalb des Spielrahmens verändert sich. Für die Förderung von Rollenspiel im Kindergarten hat es sich als günstig erwiesen, über eine längere Phase hinweg einen thematischen Rahmen für die Spiele zu entwickeln, diesen durch die Herstellung passender reqquisieten zu konkretisieren und beispielsweise durch das Vorlesen entsprechender Geschichten die Schaffung einer Vorstellungswelt bei den Kindern zu unterstützen. (Andresen 2011)

Nach Reich muss ein Kind als Rollenspieler 3 Rollen realisieren:

1.    Als Spieler ist das Kind  Akteur, wenn es spielt.Hierbei erlebt es sich in seiner Rolle, was zugleich eigene Anteile aktiviert und fremde bewusst werden lässt
2.    Als Teilnehmer  ist das Kind Mitglied einer Gruppe, die unter bestimmten Verständigungsregeln dieses Rollenspiel realisiert. Hier kann das Kind sich engagiert oder distanziert zeigen, aber es kann nicht gleichgültig bleiben. Ob es nun in der Rolle aufgeht oder sie ablehnt, es nimmt  an einer Verständigung teil.
3.    Als Beobachter kann das Kind sich  als Akteur und als Teilnehmer sehen.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.